Für mittelständische Unternehmen hat die Enkelfähigkeit ihrer Geschäftstätigkeit schon immer eine große Rolle gespielt. Der langfristige Bestand des Unternehmens ist für sie wichtiger als hohe Quartalsgewinne. Entsprechend stehen mittelständische Geschäftsführer dem Thema Nachhaltigkeit in der Regel positiv gegenüber. Die Vorstellungen zu Inhalt und Bedeutung von Nachhaltigkeit für das eigene Unternehmen gehen jedoch weit auseinander. Und das schlägt sich im strategischen und operativen Handeln unterschiedlich nieder.
Unterschiedlicher Stellenwert von Nachhaltigkeit im Mittelstand
Laut einer Haufe-Studie zu „Corporate Sustainability im Mittelstand“ (Februar 2024) betrachten lediglich 15 % der befragten Geschäftsführer Nachhaltigkeit als grundlegenden Bestandteil ihrer Unternehmensstrategie. Weitere 30 % haben nachhaltiges Management fest in der Unternehmenspraxis verankert. Die größte Gruppe der Befragten, 35 %, befasst sich erst seit Kurzem intensiv mit Nachhaltigkeit. Die verbleibenden 20 % stehen dem Thema Nachhaltigkeit skeptisch gegenüber und sehen darin vor allem eine Belastung.
Auch wenn diese Befragung nicht repräsentativ ist, spiegelt sie doch die unterschiedlichen Einstellungen und Handlungsweisen von Mittelständlern in Bezug auf Nachhaltigkeit wider. Sie bestätigt meinen Eindruck, dass bisher nur eine (wachsende) Minderheit von Unternehmen Nachhaltigkeit als strategische Top-Priorität betrachtet. Dabei gibt es auch für die anderen handfeste Gründe, warum sie jetzt ihre nachhaltige Geschäftsentwicklung systematisch vorantreiben sollten. Dabei ist es wichtig, den Dreiklang der nachhaltigen Geschäftsentwicklung zu beachten.
Der Dreiklang der nachhaltigen Geschäftsentwicklung
Nachhaltige Geschäftsentwicklung basiert auf dem harmonischen Dreiklang aus Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt, auf Englisch auch als „People, Planet, Profit“ bezeichnet. Diese drei Dimensionen sind eng miteinander verknüpft und bilden die Grundlage für eine zukunftsfähige Unternehmensführung.
Gesellschaftliche Nachhaltigkeit bezieht sich auf die Verantwortung eines Unternehmens gegenüber seinen Mitarbeitern, Kunden und anderen Stakeholdern. Diese Stakeholder können dem Unternehmen durch ihr Handeln die „soziale Betriebslizenz“ (social license to operate) gewähren – oder entziehen, z.B. durch Weggang von Mitarbeitern oder Nichtkauf durch Kunden. Zur gesellschaftliche Nachhaltigkeit gehören faire Arbeitsbedingungen, Aus- und Weiterbildung, Diversität, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz sowie das Engagement in der Gemeinschaft. Soziale Nachhaltigkeit trägt damit zur Schaffung von Vertrauen und Akzeptanz für das Unternehmen sowie zu positiven Wirkungen für die Gesellschaft insgesamt bei.
Ökologische Nachhaltigkeit zielt darauf ab, die negativen Wirkungen eines Unternehmens (ökologischer Fußabdruck) auf die Umwelt zu minimieren und die positiven Wirkungen (ökologischer Handabdruck) zu maximieren. Dies umfasst Maßnahmen wie die Reduzierung von Treibhausgasemissionen, Energieeffizienz, Ressourcenschonung und Abfallvermeidung. Durch die Integration umweltfreundlicher Praktiken können Unternehmen nicht nur ihre ökologische Bilanz verbessern, sondern auch Kosten sparen und ihre Reputation stärken.
Wirtschaftliche Nachhaltigkeit bedeutet, dass ein Unternehmen langfristig profitabel und wettbewerbsfähig bleibt. Dies erfordert unter anderem gute Unternehmensführung, die Entwicklung und Umsetzung zukunftsfähiger Geschäftsmodelle sowie die verantwortungsvolle Nutzung von Ressourcen. Zu den zentralen Aspekte der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit gehören Ressourceneffizienz, Lieferkettenresilienz, die Innovation von Produkten und Dienstleistungen sowie ein ganzheitliches Risikomanagement.
Wie die angesprochenen Aspekte der drei Dimensionen zeigen, geht es bei Nachhaltigkeit um mehr als Energieeffizienz und die Reduktion von Treibhausgas-Emissionen. Gerade beim Thema Treibhausgas-Emissionen zeigt sich, dass alle drei Dimensionen ineinander greifen: Wer CO2-Emissionen reduziert, bremst die Erderwärmung (Planet), verringert die negativen Folgen der Klimakrise für die Gesellschaft (People) und spart damit Geld (Profit).
Warum Unternehmen Nachhaltigkeit zur strategischen Priorität machen sollten
Laut einer PwC-Studie von 2023 haben nur 11 % der befragten Familienunternehmen in Deutschland eine klare Strategie im Bereich ESG (Environmental, Social, Governance). Zusammen mit den zitierten Ergebnissen der Haufe-Studie ergibt sich der Eindruck, dass für die meisten Mittelständler Nachhaltigkeit noch keine strategische Priorität darstellt. Anders ausgedrückt befinden sich vermutlich die meisten mittelständischen Unternehmen in Bezug auf ihre strategische Nachhaltigkeit auf einer der unteren 3 von 5 Stufen: 1. Minimal, 2. Sporadisch, 3. Ambitioniert, 4. Integriert, 5. Exzellent. Nur eine Minderheit hat es offenbar bisher auf die Stufen 4-5 geschafft.
Für Unternehmen, die noch auf einer der unteren Stufen sind, gibt es 5 gute Gründe das bald zu ändern und Nachhaltigkeit zur strategischen Priorität zu machen:
1. Nachhaltigkeit ist ein Wettbewerbsvorteil
Nachhaltige Geschäftspraktiken können mittelständischen Unternehmen helfen, sich von ihren Wettbewerbern abzuheben. Kunden legen zunehmend Wert auf Nachhaltigkeit und bevorzugen Produkte und Dienstleistungen von Unternehmen, die umwelt- und sozialverantwortlich handeln. Durch eine klare Nachhaltigkeitsstrategie können Unternehmen ihre Marktposition stärken und neue Kunden gewinnen.
2. Nachhaltigkeit verringert Geschäftsrisiken
Die Integration von Nachhaltigkeitsprinzipien hilft Unternehmen, Risiken besser zu managen. Umwelt- und Sozialrisiken, wie etwa Lieferkettenunterbrechungen oder regulatorische Änderungen, können erhebliche finanzielle Auswirkungen haben. Ein nachhaltiges Geschäftsmodell kann diese Risiken mindern und die Resilienz des Unternehmens erhöhen.
3. Nachhaltigkeit erhöht die Kosteneffizienz
Nachhaltige Geschäftspraktiken führen oft zu einer effizienteren Nutzung von Ressourcen und damit zu Kosteneinsparungen. Energieeffizienzmaßnahmen, Abfallreduzierung und Ressourcenschonung tragen nicht nur zur Umweltentlastung bei, sondern senken auch die Betriebskosten. Für mittelständische Unternehmen kann das Einsparen knapper Ressourcen zum Wettbewerbsvorteil werden.
4. Nachhaltigkeit fördert Mitarbeiterbindung und -motivation
Unternehmen, die sich für Nachhaltigkeit engagieren, können ihre Attraktivität als Arbeitgeber steigern. Mitarbeiter schätzen ein Arbeitsumfeld, das Werte wie Fairness, Verantwortung und Umweltschutz fördert. Dies kann zu höherer Mitarbeiterzufriedenheit, Motivation und langfristiger Bindung führen.
5. Nachhaltigkeit verbessert den Kapitalzugang
Nachhaltigkeit spielt eine zunehmende Rolle bei der Kapitalbeschaffung. Investoren und Finanzinstitutionen bevorzugen Unternehmen, die nachhaltige Geschäftsstrategien implementieren und transparent darüber berichten. Ein gutes Nachhaltigkeitsmanagement kann daher den Zugang zu Finanzmitteln erleichtern und günstigere Konditionen ermöglichen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass nachhaltige Geschäftsentwicklung für mittelständische Unternehmen in Deutschland nicht nur eine ökologische und soziale Verantwortung darstellt, sondern auch erhebliche wirtschaftliche Vorteile bietet. Bleibt die Frage, wie Unternehmen ihre nachhaltige Geschäftsentwicklung systematisch vorantreiben können.
Nächste Schritte zu mehr strategischer Nachhaltigkeit
Unternehmen, die Ihre strategische Nachhaltigkeit – und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit – ausbauen wollen, empfehle ich die folgenden drei Schritte:
Schritt 1: Bestandsaufnahme machen
Zunächst einmal sollten Sie eine Bestandsaufnahme dazu machen, auf welcher Stufe der strategischen Nachhaltigkeit Ihr Unternehmen momentan steht. In meinem Blogbeitrag über „Strategische Nachhaltigkeit“ finden Sie dazu Anhaltspunkte für eine angemessene Einschätzung.
Wenn Sie unsicher sind, welche Stufe den Stand Ihres Unternehmens am besten beschreibt, sprechen Sie mich gern an – in einem kostenfreien Gespräch von ca. 30 Minuten kann ich Ihnen helfen, zu einer genaueren Einschätzung zu kommen.
Schritt 2: Plan erstellen
Um auf die nächste Stufe der strategischen Nachhaltigkeit zu kommen, brauchen Sie einen Plan. Darin sollten Sie beschreiben, was Sie bis wann erreichen wollen, und welche Ressourcen (Arbeitsstunden, externe Beratungsleistungen, Finanzaufwand) Sie brauchen, um Ihre Ziele zu erreichen.
Der Plan sollte ambitioniert, realistisch und umfassend genug sein, um loszulegen. Zu viel Zeit mit Planung zu verbringen kann jedoch schaden, da sich auf dem Weg ohnehin noch Dinge verändern werden, die Sie nicht voraussehen können. Es ist wichtiger anzufangen, als vorher die letzten Details im Plan auszutüfteln. Im Zweifelsfall reduzieren Sie Umfang und Komplexität der geplanten Maßnahmen. In jedem Fall empfehle ich, für jede Nachhaltigkeitsmaßnahme die erwartete Kapitalrendite (Return on Investment – ROI) zu kalkulieren, um eine betriebswirtschaftliche fundierte Entscheidung zu treffen.
Unabhängig davon, ob Sie sich Unterstützung von einem externen Berater holen, sollten Sie auf jeden Fall ein internes Kernteam für Planung und Durchführung Ihres Projekts haben.
Wenn Sie bei der Planung Unterstützung benötigen, vereinbaren Sie gern ein kostenfreies Erstgespräch mit mir.
Schritt 3: Anfangen
Warten Sie mit dem Start Ihrer geplanten Aktivitäten nicht zu lange. Im Tagesgeschäft droht Ihre Projekt für mehr strategische Nachhaltigkeit sonst unterzugehen. Idealerweise sollten Sie die vorgesehen Veränderungen so gut wie möglich in das Tagesgeschaft integrieren. Das Kernteam sollte die Fortschritte regelmäßig besprechen und vor allem auch Planabweichungen offen und lösungsorientiert diskutieren.
Je früher und schneller Sie die nachhaltige Geschäftsentwicklung Ihres Unternehmens vorantreiben, desto eher werden sich positive Effekte, einschließlich höherer Wettbewerbsfähigkeit und Unternehmenswertsteigerung, einstellen.