5 verbreitete strategische Planungsfehler die Mittelständler vermeiden sollten

Strategic Planning - StrategicThinking.euÜber den Nutzen strategischer Planung streiten die Gelehrten. Bereits Mitte der 1990er stellte der kanadische Managementprofessor Henry Mintzberg in seinem Buch „The Rise and Fall of Strategic Planning“ den Nutzen eines formellen strategischen Planungsprozesses in Frage. Und angesichts schneller, teils unvorhersehbarer Veränderungen gibt es gute Gründe, an der Wirksamkeit klassischer strategischer Planungsmethoden zu zweifeln und nach Alternativen zu suchen.

Allerdings gibt es nach meiner Kenntnis bis heute kein Großunternehmen, das ohne formalisierten strategischen Planungsprozess auskommt. Und auch die meisten mittelgroßen Unternehmen mit 50 oder mehr Beschäftigten haben einen mehr oder weniger formalisierten Strategieprozess.

Bereits vor 10 Jahren fanden Forscher der Uni Clausthal-Zellerfeld in einer Studie über die „Strategische Kompetenz von Unternehmen“ heraus, dass 6 von 10 mittelständischen Unternehmen der strategischen Unternehmensplanung eine hohe Bedeutung für ihren Geschäftserfolg beimessen. Die Studie offenbarte aber auch, dass der Erfolg der Unternehmensstrategie im Mittelstand häufig durch planerische Defizite und organisatorische Versäumnisse beeinträchtigt wird.

Auch wenn ich davon ausgehe, dass der Strategieprozess in vielen mittelständischen Unternehmen professioneller und effektiver geworden ist, sind in der Praxis immer noch eine Reihe hartnäckiger strategischer Planungsfehler anzutreffen, die den längerfristigen Geschäftserfolg beeinträchtigen können.

Die folgenden fünf strategischen Planungsfehler sind nach meinem Eindruck im Mittelstand immer noch verbreitet:

1. Die Strategie existiert nur im Kopf des Geschäftsführers.

Gerade in kleineren, inhabergeführten Firmen setzt der Geschäftsführer/Inhaber nach mehr oder weniger intensiven Besprechungen die Strategie allein fest. Oft kommt die aus dem Bauch, existiert nur im Inhaber-Kopf und wird höchstens mündlich weiter gegeben. Das kann eine Weile gut gehen, wenn der Geschäftsführer einen guten Geschäftsinstinkt hat und zumindest operative Anweisungen gut kommuniziert.

Wenn das Unternehmen wächst oder in Schwierigkeiten gerät, kann das aber zu Problemen führen. Denn wenn die Mitarbeiter nicht so genau wissen, was eigentlich die Firmenstrategie ist, können sie diese auch schlecht umsetzen.

Wenn Sie das als Geschäftsführer so oder ähnlich machen, schlage ich Ihnen folgendes Experiment vor: Fragen Sie einen beliebigen Mitarbeiter Ihres Unternehmens, was die Mission Ihres Unternehmens ist. Ich wette Sie werden überrascht über die Vielfalt an Antworten sein.

2. Es mangelt an einem klar definierten Prozess.

Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass ein klar definierter Strategieprozess nur für Großunternehmen nötig ist. Das ist ungefähr so, als wenn Piloten von Kurzstreckenflugzeugen keine Start-Checkliste bräuchten, da sie ja keinen Jumbo fliegen.

Unter klar definiert verstehe ich einen schriftlich beschriebenen Prozess.

In Unternehmen, die nach ISO-9001-zertifiziert sind, ist das ohnehin selbstverständlich, aber auch andere Firmen können davon profitieren. Es schafft Transparenz und verhindert, dass die Geschäftsführung wichtige Punkte im Strategieprozess vergisst oder jedes Jahr neu erfinden muss. Gleichzeitig ist es wichtig, den Prozess so unbürokratisch und überschaubar wie möglich zu halten.

3. Die Beschäftigten werden zu wenig in die Strategieentwicklung einbezogen.

Strategy Meeting - Strategic ThinkingDie Führungsspitze vieler Unternehmen sieht die Rolle der Beschäftigten lediglich darin, die von oben verkündete Geschäftsstrategie umzusetzen. Das verschenkt die Chance, die Beschäftigten aktiv in die Strategieentwicklung einzubeziehen.

Damit meine ich nicht, dass beim Strategiemeeting basisdemokratisch 100 Leute am Tisch sitzen und gleichberechtigt über die Unternehmensstrategie diskutieren. Vielmehr meine ich damit, die Beschäftigten als Stakeholder auf Augenhöhe zu behandeln und ihren Input zur Unternehmensstrategie einzuplanen und ernsthaft zu berücksichtigen.

Die Beschäftigten nicht einzubeziehen hat zwei gravierende Nachteile: erstens kann die Strategie ohne Basis-Input die Bodenhaftung, sprich: den Kontakt mit der Realität, verlieren; zweitens leidet die Motivation, wenn Beschäftigte etwas umsetzen sollen, an dem sie nicht mitgewirkt haben und das sie möglicherweise daher auch nicht ganz verstehen.

4. Bewährte Strategie-Tools kommen nicht ausreichend zum Einsatz.

Das Wissen über eine Reihe von Strategie-Tools ist mittlerweile Allgemeingut. Die weit überwiegende Zahl der mittelständischen Führungskräfte weiß vermutlich was eine SWOT-Analyse oder eine Wertkettenanalyse ist. Und doch kommen solche bewährten Instrumente im Mittelstand zu wenig zum Einsatz oder werden zu oberflächlich genutzt.

Darunter kann die Qualität der resultierenden Unternehmensstrategie erheblich leiden. Letztlich erhöht dies auch in der Umsetzung die Risiken und kann das Ergebnis beeinträchtigen. Firmen, die diese Methoden nicht im Haus haben, täten gut daran, sich zumindest für ein jährliches Strategie-Meeting diese Methodenkompetenz in Gestalt eines Strategie-Coachs einzukaufen.

Der Strategie-Coach würde gleichzeitig den Geschäftsführer aus der unglücklichen Rolle des Sitzungsmoderators befreien. Unglücklich deshalb, weil der Geschäftsführer qua Amt ohnehin schon eine dominierende Rolle bei Strategiemeetings einnimmt, die oft durch die Moderationsrolle zu Lasten einer offenen Diskussion noch weiter verstärkt wird.

5. Ressourcen zum Umsetzen der Geschäftsziele werden vernachlässigt.

Strategische Ziele für das kommende Geschäftsjahr und die nächsten fünf Jahre festzulegen ist das eine. Den Weg dahin zu planen ist das andere. Ein entscheidender Faktor dabei ist, die dafür benötigten Ressourcen realistisch einzuschätzen und den Aufbau der noch nicht vorhandenen Ressourcen als Unterziel einzuplanen. Dabei geht es um mehr als neue Mitarbeiter und Geld. Es geht auch um immaterielle Ressourcen, wie Wissen. In vielen mittelständischen Unternehmen werden diese Ressourcen bei der strategischen Planung vernachlässigt, was die Umsetzung erheblich erschwert.

Fazit

Unternehmen, die diese fünf strategischen Planungsfehler vermeiden, sind im Vorteil. Für einen gelungenen Strategieprozess bedarf es allerdings je nach Unternehmensgröße und Wettbewerbsposition noch mehr. Kontaktieren Sie mich, falls Sie dazu Fragen haben.

Wenn Sie Führungskraft bei einem Mittelständler sind, lade ich Sie ein, an meiner Kurzumfrage zur strategischen Planung in mittelständischen Unternehmen anonym teilzunehmen. Sie brauchen dafür nur wenige Minuten zu investieren. Das Ergebnis, das ich Ende August in meinem Blog veröffentlichen werde, könnte für Sie und viele andere Mittelständler aufschlussreich sein.